Auf Gemälde verewigt
Sprachforscher führen ihn auf den althochdeutschen Männernamen „Managolt“ zurück. Dieser steht für „Kraft“ und „Stärke“. Eine der ersten Abbildungen übrigens stammt von dem elsässischen Maler Sebastian Stoskopff (1597-1657). Er schuf im Jahr 1633 das Stillleben „Die vier Elemente oder der Winter“. Es zeigt neben einer Frau, die damit beschäftigt ist, gerupftes Geflügel auf einen Bratspieß zu schieben, eine Anrichte mit Gemüse: Salatköpfe, Rettiche, Spargel, Artischocken. Ganz links liegt eine Zitrone und rechts, halb verdeckt von einer Lammkeule, eine Mangoldstaude. Das Gemälde befindet sich im Besitz des Musée de l‘ Ocuvre de Notre Dame in Strasbourg. Beim Betrachten seiner unglaublichen Vielfalt an Lebensmitteln kam mir der Gedanke, dass es mitten im Dreißigjährigen Krieg geschaffen wurde. Es entstand also in einer Zeit, in der in großen Teilen Europas Armut, Hunger und Not herrschten. Aber das ist dann wohl doch eine Frage für die Kunst- und Kriegshistoriker…
Zwei Hauptsorten
Zurück zum Mangold also. Es gibt Stiel- oder Rippenmangold sowie Blatt- oder Schnittmangold. Von beiden Sorten können sowohl die Stiele bzw. Rippen als auch die grünen Blätter in der Küche verarbeitet werden. In England habe ich vor einigen Jahren übrigens auch einen so genannten Rübenmangold gesehen. Das Gemüse gehört zur gleichen Art wie die Rote Bete und seine große, herzförmige Wurzel soll besonders delikat sein. Sein Name: „MacGregor´savorite“. Mir ist allerdings nicht bekannt, ob er auch hierzulande angebaut wird.
Spinat als Konkurrenz
Mangold ist reich an Vitaminen und Mineralstoffen. Er enthält viel Eiweiß und wenig Oxalsäure und punktet mit seinen feinen Bitternoten und dem leicht erdigen Geschmack. Dennoch lief ihm der Spinat im vergangenen Jahrhundert deutlich den Rang ab. Neuerdings lese ich häufig von einer Renaissance des Blattgemüses, davon, wie geschickt der Mangold auf der Welle der grünen Begeisterung segelt. Ehrlich gesagt, wir Berliner Großhändler merken davon nicht allzu viel. Anders ist das bei unseren Kollegen in Süddeutschland und vor allem in der Schweiz. In Graubünden zum Beispiel gehören Capuns zur kulinarischen Identität des Kantons. Es handelt sich dabei um mit einem gehaltvollen Teig gefüllte Mangold-Krautwickel.
Mangold-Gerichte im Poulette
Zu den Restaurants in Berlin, die zu unseren Kunden zählen und regelmäßig Mangold ordern, gehört das Poulette in Prenzlauer Berg. Das kleine Lokal in der Nähe des Kollwitzplatzes ist bereits seit 15 Jahren am Markt und für mich eines der besonders sympathischen in dieser Gegend. Die denkmalgeschützten Fliesen und das blumige Interieur heben die Stimmung. Die wahre Zierde dieses Lokals allerdings ist das Essen.
Schnörkellose Küche
Als Chef am Herd agiert seit September 2018 ein junger Rheinländer. Dessen bisherige Stationen lösen einen gewissen Aha-Effekt aus. Sebastian Jahn, 34, arbeitete – bevor er seiner Freundin nach Berlin folgte – in einigen der besten Restaurants Skandinaviens. Zu nennen sind das Chez Dominique Helsinki, das Geranium Kopenhagen, und das Fäviken im schwedischen Järpen. Der Mann kann also kochen, und das merkt man auch. Seine Gerichte sind fröhlich in der Optik. Und es sind schnörkellose kreative Kunstwerke mit der Reduktion auf das geschmacklich Wesentliche, so sehe ich das jedenfalls.
Spaß am Genuss
Dabei verwundert es wahrscheinlich nicht nur mich, dass bisher kaum einer der etablierten Berliner Gastro-Guides das Poulette auf dem Schirm hatte. Für Alexander Sarubo, den Inhaber des Kiezlokals, ist das kein Problem. „Wir kochen weder für Gastrokritiker noch für Foodfotografen, sondern für Gäste, die Spaß am Genuss haben“, sagte mir Sarubo schon vor ein paar Wochen. Er hat mit seinem Team auch ohne mediale Aufmerksamkeit gut zu tun. Das Poulette öffnet bereits um 9.00 Uhr, bietet ein passables Frühstück, wartet mit einer respektablen Mittagskarte auf und steigert sich abends dann zur Höchstform. Zu viel Lob, meinen Sie? Dann empfehle ich Ihnen Jahns derzeitigen signature dish – Taubenbrust und -mousse mit Schwarzwurzelpüree und buntem Gemüse.