Dieter Fuhrmann

Fuhrmanns Früchtekorb

Ingwer – Die scharfe Knolle

Von Dieter Fuhrmann

Ingwer als Gewürz

Meine Mutter war ein Fan von Clemens Wilmerod. Dem ersten deutschen Fernsehkoch wurde jüngst im ARD-Film „Es liegt mir auf der Zunge“ ein Denkmal gesetzt. Sein Kochbuch „Clemens Wilmenrod bittet zu Tisch“ stand zu Hause stets griffbereit. Ich erinnere mich an Dänische Gurke, und Eier Diable. Und an Englische Ingwerpfannkuchen, bei denen es zum Omlett Apfelkompott gab. Dieses war kräftig mit Ingwerpulver gewürzt.

Getrocknet und gemahlen

Diesem Dessert meiner Mutter à la Clemens Wilmenrod verdanke ich meine erste Begegnung mit dem pfeffrig-scharfen Ingwergeschmack. Später, während meiner Ausbildung, lernte ich Quatre Epices kennen. Die klassische französische Gewürzmischung aus schwarzem Pfeffer, Muskat, Nelken und Ingwer wurde damals vor allem zur Zubereitung von Schweinefleisch benutzt. Auch dabei kam getrockneter und gemahlener Ingwer zum Einsatz.

Frischer Ingwer immer beliebter

Anfang der 1980er Jahre begannen wir, zunehmend frischen Ingwer zu importieren. Dies war eine Reaktion auf die wachsende Beliebtheit der asiatischen Küche in Europa. Und auf den Bedarf vor allem der Spitzengastronomie. Diese versuchte, das fernöstliche Gewürz mit Fisch und Geflügel zu kombinieren. Rascasse  wurde in Ingweröl confiert, Ricottasoufflée mit Ingwer aromatisiert. Karotten-Ingwer-Suppe und Ente mit Orangen-Ingwer-Sauce eroberten selbst die Speisenkarten der meisten gutbürgerlichen Restaurants. Wolfram Siebeck schließlich stellte vor acht Jahren die scharfe Knolle ins Zentrum seines Zeit-Kochwettbewerbs. Spätestens jetzt war der Durchbruch geschafft.

Beruhigende Wirkung

Ingwer avancierte zum Trend-Gewürz auch in Deutschlands Küchen. Und längst sind es nicht mehr nur prominente Köche wie Alfons Schuhbeck, die seinen ernährungsphysiologischen Wert propagieren. Kürzlich las ich beispielsweise, dass auch Meistertrainer Felix Magath auf dessen beruhigende Wirkung setzt. Häufig nippt er an dampfendem Ingwertee. Ob Magath, der fußballlehrende Asket, das gesunde Getränk auch seinen Schalker Spielern verordnet hat, war nicht zu erfahren. Möglich allerdings scheint es schon. Mit Junkfood im Magen spielt man jedenfalls nicht um die Meisterschale.

Ursprungsland China

Ingwer also – lateinisch Zingiber officinale. Das asiatische Universalgewürz stammt aus China. Archäologische Funde beweisen, dass die Knolle dort seit mindestens 2.200 Jahren höchstes Ansehen genießt. Botanisch gesehen handelt es sich bei der Ingwerknolle übrigens um ein Rhizom. Es ist der unterirdische Wurzelstock einer üppigen, schilfähnlichen Pflanze. Weltweit gibt es von ihr in den tropischen und subtropischen Regionen rund 700 Arten. Die wichtigsten Anbauländer sind China, Indien, Japan und Malaysia. Auch in Thailand, Vietnam und Australien sowie Brasilien, Kenia und Nigeria findet im größeren Umfang Anbau statt.

Unterschiedlich im Geschmack

Die indische Version zeichnet sich durch eine eher beißende Schärfe aus. Übertroffen wird sie lediglich von der westafrikanischen Variante aus Nigeria. Australische Sorten gelten als besonders zitronig, chinesische als blumig. Wir bieten vor allem Ingwer aus Thailand an. Der zählt hinsichtlich Qualität und Aroma ohne Zweifel zur Spitzengruppe. Und seine Produzenten legen großen Wert auf naturnahen Anbau.

Der Gesundheit förderlich

Chemisch zuständig für den Geruch und Geschmack ist ein ätherisches Öl mit seinem Hauptbestandteil Zingiberen. Für die aromatische Schärfe sorgt das Gingerol. Vor allem dieser Scharfmacher ist auch für die schmerzlindernden sowie blutdruck- und fiebersenkenden Wirkungen verantwortlich. Auch die beruhigenden, entspannenden und appetitanregenden Effekte sind darauf zurückzuführen. Außerdem hilft kein anderes Gewürz so ausgeprägt gegen Übelkeit. Etwa bei der sogenannten Reisekrankheit.

Für zartes Fleisch

Doch es sind nicht nur die medizinischen, sondern auch die kulinarischen Verwendungen, die vor allem den frischen Ingwer so interessant und vielseitig machen. Sein leicht scharfer, würziger Geschmack gibt Suppen, Fisch und Fleisch ein unverwechselbares Aroma. Übrigens: wird Ingwer gemeinsam mit Fleisch gekocht oder gebraten, lässt ein in der Wurzel enthaltenes eiweißspaltendes Enzym das Fleisch zarter werden. Ein Effekt, der auch beim Marinieren genutzt werden kann.

It’s teatime

„Ingwer – Die edle Süße aus dem Land des Lächelns“ heißt ein Buch von Wolfgang Hübner. Der Arzt und Autor beschäftigt sich darin ausführlich mit dem Genuss und Heilmittel. In seinem Werk finden sich insgesamt 58 Rezepten, in denen Ingwer die Hauptrolle spielt. Darunter sind Ingwer Bouillon mit Nudeln und Huhn, gebratener Lachs mit Ingwer und Gurkensalat oder Schoko-Ingwer-Crème-Brûlée Das klingt nicht nur gut, das schmeckt auch so. Trotzdem halte ich es bei diesem Wetter mit Felix Magath. Frischen Ingwer – man erkennt ihn an der glatten und glänzenden Haut – mit kochendem Wasser übergießen. Dann fünf bis acht Minuten ziehen lassen. Fertig ist der Ingwertee. Auf die Gesundheit!

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