Einfach, aber gut
Vor ein paar Tagen habe ich meinen Vorsatz gebrochen und 29,90 Euro für das Buch „Ducasse Nature“ angelegt (Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt). Alain Ducasse ist ein weltbekannter französischer Küchenkünstler und Gastrounternehmer. Doch ich kaufte das Buch nicht wegen des berühmten Namens, sondern wegen der schlichten Rezepte. Diese zeigen, dass wahrer Genuss in einfachen, aber guten Lebensmitteln zu finden ist, die auf natürliche Art zubereitet werden. „Es ist an der Zeit, sich auf das Wesentliche zurückzubesinnen und wieder Lust am einfachen Kochen mit Gemüse, Getreide und Obst zu bekommen – den unverzichtbaren Zutaten einer gesunden und ausgewogenen Ernährung“, meint Ducasse. Und ich finde, er hat Recht. Das sage ich übrigens nicht nur, weil ich Obst- und Gemüsegroßhändler bin.
Leckere Rhabarbertarte
Wir haben jedenfalls zu Hause schon einige Rezepte des großen Franzosen, der allerdings seit einigen Jahren Monegasse ist, nachgekocht – zum Beispiel seine Rhabarbertarte. Auf einem vorgebackenen Blätterteigboden kommt eine Masse aus Naturjoghurt, gemahlenen Mandeln, Ei, Zucker, Vanillezucker und Ingwer. Darauf wird der geschälte Rhabarber verteilt, der zuvor mit Zucker eine Stunde lang ziehen durfte. Das Ganze nochmals bei 180°C rund 20 Minuten gebacken, ergab eine leckere Tarte, die allgemeines Lob erhielt. Und das selbst von Gästen, die Rhabarber sonst eher mit Skepsis begegnen.
Hoher Säuregehalt
In der Tat, Rhabarber ist nicht jedermanns Sache. Reichlich Fruchtsäure zieht den Mund zusammen, hinzu kommt der hohe Oxalsäuregehalt. Zwar benötigt der menschliche Organismus diese organische Säure und produziert sie deshalb sogar selbst. Ist jedoch zuviel davon vorhanden, bildet Oxalsäure mit körpereigenen Calcium unlösliche Salze – Calcium-Oxalate – die bei manchen Menschen Nierensteine fördern können. Dafür allerdings sind dann schon erhebliche Mengen nötig.
Kalorienarmer Genuss
Ansonsten schmeckt Rhabarber nicht nur erfrischend säuerlich, sondern ist auch ausgesprochen kalorienarm. Neben reichlich Kalium, Eisen und Phosphor enthält es auch viel Vitamin C. Das Gemüse wird ständig für ein Obst gehalten. In China wurde es schon 3.000 Jahre vor Christus angebaut – der heilsamen Kräfte seiner Wurzeln wegen.
Von England aufs Festland
Um 1700 gelangte die Pflanze nach England und war auch hier zuerst Bestandteil vieler ärztlicher Therapien. Dann folgte die Entdeckung der Essbarkeit der Rhabarberstiele. Rhubarb Fool, eine Art grobes Püree mit Crème double, anvancierte zu einem der beliebtesten Desserts auf der Insel. Woher der Name „fool“, zu deutsch „Narr“, in diesem Zusammenhang kommt, konnte ich allerdings nicht klären. Klar ist jedoch, dass England noch heute als Mekka der Rhabarberfreunde in Europa gilt.
Allmähliche Gewöhnung
1848 holte der Hamburger Kaufmann Peter Holster die wuchsfreudige Staude nach Deutschland. Es dauerte aber noch einige Jahre, bis er seine Landsleute vom Geschmack des rheum barbarum (lat. Fremde Wurzel) überzeugt hatte. Nur langsam eroberte der Rhabarber als „englisches Kompott“ die deutschen Küchen.
Rote und grüne Sorten
Übrigens: Gewerbsmäßig angebaut werden derzeit etwa 30 Sorten. Die rotfleischigen und rotstieligen enthalten weniger Säure und liegen wohl deshalb im Trend. Viele Feinschmecker bevorzugen allerdings die sauren, grünstieligen Sorten.
Seltene Spitzensorte
Der geschmacklich mit weitem Abstand beste Rhabarber soll übrigens “Timperley Early” sein. Dabei handelt es sich um eine in den 1940er Jahren gezüchtete frühe Sorte mit langen, dünnen grünfleischigen Stielen. Am Markt allerdings ist sie kaum zu bekommen. Auch ich habe davon nur in einem Artikel über den bekannten Schweizer Gärtner Roland Fasnacht gelesen. Zumindest aber soviel: roland.fasnacht@bluewin.ch – das ist seine Adresse. Für die größten Rhabarber-Fans!