Lange Zeit verschmäht
Das sind Sorten, die, soweit ich weiß, bestenfalls noch bei Kleingärtnern eine Rolle spielen. Die Ursache sehe ich einerseits im geringen Ertrag der alten Sorten gegenüber den heute bevorzugten Formanova, Forono oder der Roten Kugel. Andererseits ist es auch eine Tatsache, dass das Wintergemüse jahrelang weder in den heimischen Küchen noch in der Gastronomie von besonderer Bedeutung war.
Von Spitzenköchen wiederentdeckt
Das hat sich geändert, seit deutsche Spitzenköche vor einigen Jahren auf den Geschmack kamen. Harald Wohlfahrt etwa ist auch in diesem Jahr Nummer Eins unter Deutschlands Köchen. Er serviert in seiner Baiersbronner Schwarzwaldstube eine in Olivenöl confierte Heilbuttschnitte mit einer milden Meerrettichemulsion. In der befinden sich Seegras, Silberzwiebeln und glasierte Rote Bete. Oder der Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner im Osnabrücker La View. Er bringt Rehrückenfilet mit einem Dreierlei aus der Boudin Noir, geräuchertem Ochsenmark, Räucherbutter-Polenta, ebenfalls rauchigem Provolone-Käse, sowie Artischocken, Dicken Bohnen und Roter Bete auf die Teller.
Zu Königsberger Klopsen oder Kabeljau
Und natürlich gibt es auch in Berlin etliche Beispiele für den intelligenten Einsatz des Wurzelgemüses. Matthias Diether vom First Floor kombiniert Taube mit Gänseleber und kandierten Nüssen mit Gelber und Roter Bete. Bieberbau-Chef Stephan Garkisch bringt Königsberger Klopse und rosa gebratene Kalbshüfte mit Austernkraut, Sellerie und gebackener Roter Bete auf den Tisch. Und bei Thomas Kurt im e.t.a. hoffmann schließlich gibt`s den Klassiker schlechthin: Kabeljau mit krossem Schweinebauch, Crèmespinat, Blumenkohl und Roter Bete. Wer es traditioneller liebt, schaut in die osteuropäischen Küchen. In denen gehört Rote Bete zu den wichtigsten Ingredienzen. Das wahrscheinlich bekannteste Beispiel ist der ukrainisch-russische Borschtsch.
Vitaminreiches Nahrungsmittel
Übrigens: Das Knollengemüse verdankt seine Farbe dem hohen Anteil an Betanin. Die gesamte kalte Jahreszeit hindurch versorgt uns die Pflanze mit dem Provitamin A, den Vitaminen der B-Gruppe, Kalium, Calcium, Eisen und vor allem mit Folsäure. Rote Bete mit ihrem geschmacklich ausgewogenen Zucker-Säure-Verhältnis ist also auch ein außerordentlich gesundes Gemüse. Zum Schluss noch eine Frage:
Der ultimative Cocktail
Kennen Sie Bloody Beete? Nein? Na dann, folgen Sie mir unauffällig nach Schöneberg, in die Gleditschstraße. Dort gibt es eine Bar mit Café oder, wenn Sie wollen, ein Café mit Bar. Der Name der kleinen Kneipe: „Rote Beete“. Kein Wunder, dass man hier statt Bloody Mary eben Bloody Beete serviert, statt Tomaten- also Rote-Beete-Saft. Der Rest entspricht der Zutatenliste des Cocktail-Klassikers. Wodka, Zitrone, Tabasco, Worchestersauce, Salz, Pfeffer. Manche behaupten, der blutrote Wodkasaft sei ein wirkungsvoller Katertrunk. Sicher ist er die eigenwilligste Möglichkeit der Verarbeitung der roten Rüben.