Dieter Fuhrmann

Fuhrmanns Früchtekorb

Rote Bete – Winterlicher Bodenschatz

Von Marcus Fuhrmann

Alte Sorten

Zu den schönsten Obst- und Gemüsebüchern die ich kenne, gehört der Nachdruck eines prächtigen Mappenwerkes. Es erschien 1876 in Erfurt. Sein Titel: „Das Album Benary/Alte Gemüsesorten“. Eine der 36 Tafeln trägt die Überschrift „Salat-Rüben oder Beete“. Darauf abgebildet sind sechs verschiedene Sorten Rote Bete. Darunter befindet sich die „Rothe rauhhäutige Crapaudine“, die „Dunkelrothe plattrunde aus Egypten“ und die „Erfurter schwarzrothe lange dunkellaubige“.

 

 
Lange Zeit verschmäht

Das sind Sorten, die, soweit ich weiß, bestenfalls noch bei Kleingärtnern eine Rolle spielen. Die Ursache sehe ich einerseits im geringen Ertrag der alten Sorten gegenüber den heute bevorzugten Formanova, Forono oder der Roten Kugel. Andererseits ist es auch eine Tatsache, dass das Wintergemüse jahrelang weder in den heimischen Küchen noch in der Gastronomie von besonderer Bedeutung war.

Von Spitzenköchen wiederentdeckt

Das hat sich geändert, seit deutsche Spitzenköche vor einigen Jahren auf den Geschmack kamen. Harald Wohlfahrt etwa ist auch in diesem Jahr Nummer Eins unter Deutschlands Köchen. Er serviert in seiner Baiersbronner Schwarzwaldstube eine in Olivenöl confierte Heilbuttschnitte mit einer milden Meerrettichemulsion. In der befinden sich Seegras, Silberzwiebeln und glasierte Rote Bete. Oder der Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner im Osnabrücker La View. Er bringt Rehrückenfilet mit einem Dreierlei aus der Boudin Noir, geräuchertem Ochsenmark, Räucherbutter-Polenta, ebenfalls rauchigem Provolone-Käse, sowie Artischocken, Dicken Bohnen und Roter Bete auf die Teller.

Zu  Königsberger Klopsen oder Kabeljau

Und natürlich gibt es auch in Berlin etliche Beispiele für den intelligenten Einsatz des Wurzelgemüses. Matthias Diether vom First Floor kombiniert Taube mit Gänseleber und kandierten Nüssen mit Gelber und Roter Bete. Bieberbau-Chef Stephan Garkisch bringt Königsberger Klopse und rosa gebratene Kalbshüfte mit Austernkraut, Sellerie und gebackener Roter Bete auf den Tisch. Und bei Thomas Kurt im e.t.a. hoffmann schließlich gibt`s den Klassiker schlechthin: Kabeljau mit krossem Schweinebauch, Crèmespinat, Blumenkohl und Roter Bete. Wer es traditioneller liebt, schaut in die osteuropäischen Küchen. In denen gehört Rote Bete zu den wichtigsten Ingredienzen. Das wahrscheinlich bekannteste Beispiel ist der ukrainisch-russische Borschtsch.

Vitaminreiches Nahrungsmittel

Übrigens: Das Knollengemüse verdankt seine Farbe dem hohen Anteil an Betanin. Die gesamte kalte Jahreszeit hindurch versorgt uns die Pflanze mit dem Provitamin A, den Vitaminen der B-Gruppe, Kalium, Calcium, Eisen und vor allem mit Folsäure. Rote Bete mit ihrem geschmacklich ausgewogenen Zucker-Säure-Verhältnis ist also auch ein außerordentlich gesundes Gemüse. Zum Schluss noch eine Frage:

Der ultimative Cocktail

Kennen Sie Bloody Beete? Nein? Na dann, folgen Sie mir unauffällig nach Schöneberg, in die Gleditschstraße. Dort gibt es eine Bar mit Café oder, wenn Sie wollen, ein Café mit Bar. Der Name der kleinen Kneipe: „Rote Beete“. Kein Wunder, dass man hier statt Bloody Mary eben Bloody Beete serviert, statt Tomaten- also Rote-Beete-Saft. Der Rest entspricht der Zutatenliste des Cocktail-Klassikers. Wodka, Zitrone, Tabasco, Worchestersauce, Salz, Pfeffer. Manche behaupten, der blutrote Wodkasaft sei ein wirkungsvoller Katertrunk. Sicher ist er die eigenwilligste Möglichkeit der Verarbeitung der roten Rüben.

Spitzkohl – Kohldampf auf Kohlgemüse

Es gibt glamouröseres Gemüse als den Spitzkohl. Kein Wunder, dass die Kopfkohlart hierzulande jahrzehntelang als altbackenes Kraut verschrieen war. Im Ranking der beliebtesten Gemüsesorten kam sie über einen Platz in der letzten Reihe nicht hinaus. Das änderte sich, als Coleslaw, die amerikanische Variante des Krautsalats, und das koreanische Kimchi die deutschen Küchen eroberten. Kohl liegt inzwischen im Trend, Spitzkohl insbesondere.

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Rettich –Würziges Wurzelgemüse

Keine Frage, der Rettich ist ein Methusalem unter den heute bekannten Gemüsesorten. So ist beispielsweise überliefert, dass er bereits vor mehr als 4.700 Jahren zur Nahrung der Arbeiter an den großen Pyramiden gehörte. Von Ägypten aus gelangte die Wurzel wahrscheinlich auch nach Griechenland und Italien. Dort erlebte sie ihren zweiten Frühling.

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Pimientos de Padrón – Bratpaprika aus Galizien​

Pimientos  de Padrón sind Minipaprika von grüner Farbe und schwacher Schärfe. Sie gehören zu den vielen Beispielen, die belegen, wie sich in den letzten Jahrzehnten die Wünsche unserer Kunden und damit unser Angebot verändert haben. Als ich vor über 40 Jahren in die Selbstständigkeit als Fruchtgroßhändler startete, kannte ich nicht einmal den Namen der kleinen Schote. Und ich bin mir ziemlich sicher, den meisten Küchenchefs ging es damals genauso.

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